Veranstaltung: | Landesparteitag |
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Tagesordnungspunkt: | Anträge |
Antragsteller*in: | LAG Sozial- und Arbeitsmarktpolitik (dort beschlossen am: 08.08.2019) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 28.09.2019, 15:51 |
W 3: Aufbruch gegen den Mietenwahnsinn!
Antragstext
Aufbruch gegen den Mietenwahnsinn!
die am Gemeinwohl orientierte und nachhaltige Wohnungswirtschaft in Schleswig-
Holstein massiv und entschlossen voranzutreiben. Wohnen ist zur zentralen
sozialen Frage in unseren Städten, Kreisen und Gemeinden geworden. Es darf kein
Anrecht auf unbegrenzte Rendite für Wenige geben! Die Mietpreise galoppieren der
Einkommensentwicklung davon. Überteuerte Mieten sind daher nicht nur schädlich
für den sozialen Frieden, sondern auch für die wirtschaftliche Entwicklung eines
Landes. Wir fordern daher in einer wachsenden Gesellschaft der Verdrängung
Einhalt zu gebieten und Wohnungspolitik neu zu gestalten. Unser Ziel ist die
langfristige Wohnraumentwicklung, die bedürfnisorientiert am Mieter und nicht am
Investor ist. Dies wollen wir mithilfe der Formel: „Wohnraum schaffen, Wohnraum
erhalten und Mieten regulieren“ erreichen.
1. Wohnraum schaffen!
Wir müssen die Schaffung von Wohnraum aktiv mitgestalten: sozial, ökologisch,
nachhaltig und bedarfsorientiert. Wohnraum muss für alle Menschen verfügbar und
bezahlbar sein. Die gestiegenen Preise für Mieten und auch beim Erwerb von
Eigentum stellen für viele Menschen erhebliche Belastungen dar. Deshalb wollen
wir die Rahmenbedingungen für die Schaffung von neuem Wohnraum weiter verbessern
und so für Preisstabilität sorgen. Grundvoraussetzung für langfristige
Preisstabilität ist die ausreichende Verfügbarkeit von Wohnraum.
Wir priorisieren die Revitalisierung und Sanierung des Bestandes vor Abriss und
Neubau. Es sollen Anreize geschaffen werden, nicht genutzten Leerstand wieder zu
vermieten und ungenutzte Flächen zu vergeben. Bei der Ausweisung und Vergabe
neuer Baugebiete sollen die Kommunen ermutigt werden, die vorhandenen
Instrumente zur städtebaulichen Entwicklung konsequent zu nutzen und anhand der
Bedingungen nachhaltig, ökologisch, sozial und bedarfsorientiert zu steuern.
Insbesondere konzeptionelle und gemeinnützige Kriterien sollen bei Vergabe
stärker gewichtet werden (Konzeptvergabe).
Es soll ein Bündnis für Wohnungsbau entstehen, das vorhandene Ressourcen,
Gremien und die zuständigen Akteure konsequent vernetzt Mit regionalen
Wohnraumkonferenzen für genossenschaftliches, gemeinnütziges und alternatives
Wohnen wollen wir alle Interessen in den Planungsprozess einbeziehen. Vorhandene
Servicestellen sollen effektiver genutzt werden, um Risikomietgruppen zu beraten
und in dringlichen Fällen zeitnah Hilfe leisten zu können.
2. Wohnraum erwerben und Wohnqualität sichern!
Das wirksamste Mittel gegen steigende Mieten sind der Erhalt, die
Revitalisierung und der Bau von mehr günstigen Mietwohnungen in kommunaler Hand.
Eine sichere Rendite für 30 Jahre kann nicht das Ziel einer langfristigen
Wohnraumentwicklung sein, die sich an den Bedürfnissen der Mieter*innen
orientieren sollte und nicht an denen der Inverstoren.
Die Kommunen sollen in der Ausübung ihres Vorkaufsrechts gestärkt und
unterstützt werden. Wir wollen den Bestand des Wohnraums in der Hand kommunaler
Träger konsequent ausweiten und Rückkäufe anstreben, dort wo angebracht.
Landeseigene Grundstücke sollen in Zukunft verstärkt für kommunale oder
kreiseigene Genossenschaften zur Verfügung gestellt und die Kommunen und Kreise
bei deren Gründung finanziell und ideell unterstützt werden.
Die Sicherung spekulationsfreien Bodens durch Erbpacht sowie die Förderung von
genossenschaftlichen, alternativen und gemeinnützigen Wohnformen (auch
Clusterwohnmodelle) muss konsequent ausgeweitet werden.
Die Kommunen sollen ermutigt werden, sich für die Einrichtung von
Quartiersentwicklungsstellen einzusetzen. Die Entwicklung des Wohnbezirks soll
bewusst gestaltet werden. Wichtige Faktoren hierbei sind die soziale Verknüpfung
des Wohnraums, Sicherstellung der Versorgung des ländlichen Raums,
Instandhaltung und Gestaltung von Infrastruktur sowie die Anbindung an den
öffentlichen Personennahverkehr. Große Wohnungsbaugesellschaften sollen künftig
stärker an den Kosten zum Ausbau von Infrastruktur und ÖPNV beteiligt werden.
Betroffene Kommunen sollen stärker ihre rechtlichen Mittel einsetzen, um der
Verwahrlosung von Wohnraum und der Ausbeutung von Risikomietgruppen aktiv
entgegenzutreten, Missstände zu beheben und Eigentümern leerstehende Gebäude
sowie verwahrloste Grundstücke nach mehrfacher Aufforderung zu entziehen. Als
Treuhänder sollen Kommunen dazu befähigt werden, die Vermietung betreffender
Wohnungen anzustoßen und diese zu verwalten.
3. Einfrieren der Mieten!
Wir fordern ein Einfrieren der Mietpreise bis eine sichtbare Entspannung des
Wohnungsmarktes einsetzt und sich das Preisniveau annehmbar stabilisiert hat.
Dort, wo der aktuelle Mietspiegel um 10% überschritten wurde, soll die
Möglichkeit von Mietsenkungen geprüft werden. Das Mieten-Moratorium soll
spätestens nach fünf Jahren durch die zuständige Behörde überprüft werden.
Weiterhin sollen Bestandssanierungen priorisiert werden und CO² neutral
erfolgen, ohne dass die dafür entstehende Kosten auf die Mieter*innen umgelegt
werden können.
Es soll eine Sozialwohnungspolitik nach dem Vorbild des Wiener Modells verfolgt
werden. Insbesondere soll die Befristung der Förderung von Sozialwohnungen
aufgehoben werden!
Begründung
Dieser Antrag dient als weiterführende und verstärkt sozialpolitische Ergänzung zu dem im April 2018 auf dem Landesparteitag in Bad Bramstedt positiv beschlossenen Antrag „Eine neue Wohnungsbaupolitik für Schleswig Holstein – fair, gut und günstig“.
In Schleswig-Holstein fehlen Wohnungen. Die hohe Nachfrage gerade nach günstigen Mietwohnungen und das nur geringe Angebot in diesem Segment haben die Mieten unkontrolliert in die Höhe steigen lassen. Bezahlbarer Wohnraum, egal ob in den kreisfreien Städten oder im ländlichen Raum, ist bereits knapp. Bis 2030 wird sich diese Situation noch einmal massiv anspannen und einen zusätzlichen Wohnungsbedarf von 70.000 Wohnungen freisetzen, denn nicht nur die Bevölkerungszahl steigt bis dahin von 2,8 auf 2,9 Millionen an, auch die Zahl der Haushalte nimmt stark zu. Für die große Gruppe der Bürger*innen mit niedrigem bis mittlerem Einkommen hat sich die Lage bereits dramatisch zugespitzt. Ein Stopp von weiteren Mieterhöhung, Mietsenkungen dem Mietspiegel entsprechend und die Einführung dauerhafter Sozialbindungen von Wohnungen wird zu ersten spürbaren Entspannungen auf dem Wohnungsmarkt führen. Beratungs- und Servicestellen können besonders in Fällen der Dringlichkeit eine drohende Verdrängung oder Obdachlosigkeit verhindern.
Zu lang wurde die bedarfsorientierte soziale Wohnraumförderung vernachlässigt und öffentliche Grundstücke und Wohnungsbestände über die Maße an profitorientierte Privatinvestoren veräußert, welche weder das Gemeinwohl noch soziale Nachhaltigkeit im Blick haben.
Die Förderung und Schaffung von bezahlbarem Wohnraum muss daher wieder verstärkt in kommunale, öffentliche Verantwortung. Erste Schritte sind eine deutliche Begrenzung des Verkaufs öffentlicher Flächen und Bestände, der Rückkauf dieser wo angebracht und die gezielte Unterstützung von genossenschaftlichen, gemeinnützigen Wohnformen und eine verstärkte Konzeptvergabe.
In einigen Städten gibt es auch bei uns eine Häufung von Problemimmobilien. Sie sind gekennzeichnet durch unterlassene Instandhaltung und die Vermietung erfolgt an Mieter*innen in prekären Verhältnissen. Ein Wohnungsaufsichtsgesetz (wie z.B in Nordrhein-Westfalen, u.a.) hilft, die oft undurchsichtigen Eigentums- und Verwaltungsstrukturen aufzudecken. Es bietet Kommunen Ein- und Zugriffsmöglichkeiten und dient dem direkten Schutz der betroffenen Mieter*innen.
Die von uns genannten Maßnahmen werden dazu beitragen, dass alle Schleswig-Holsteiner*innen in der Lage bleiben, angemessenen und bezahlbaren Wohnraum zu finden.
Unterstützer*innen
Zustimmung
- Torben Höllman
- Hans Heinrich Voigt
- Nadine Mai
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